Über das Dazwischen nachdenken

Wir Deutschen tun uns schwer damit, über Krieg nachzudenken. Auch über den Hybriden Krieg. In ihm sind wir seit längerer Zeit verwickelt. Er wird jeden Tag intensiver.

Die Aversion unserer Eliten, über das Führen eines Krieges zu sinnieren, hat auch etwas mit unserer Geschichte zu tun. Vor allem auch mit der des Kalten Krieges.

Die Doktrin der Zeit war das Gleichgewicht des Schreckens. Die eine Nuklearmacht sollte vom Ersteinsatz seiner Nuklearwaffen dadurch abgeschreckt werden, dass der Angegriffene selbst nach einem nuklearen Erstschlag noch vernichtend zurückschlagen könnte. Das nannte man gegenseitig zugesicherte Zerstörung.

Hätte diese Abschreckung versagt, wäre Deutschland eine nukleare Wüste gewesen. Es gab nur Null und eins. Frieden oder totale Zerstörung. Diese Digitallogik bestimmt noch heute unser Denken über den Krieg. Bei dem Wort schwirren Bildern von der nuklearen Ödnis im Kopf herum.

Der Kriegstheoretiker Carl von Clausewitz hat den Krieg als „ein wahres Chamäleon“ bezeichnet. Er meinte, dass der Krieg seine Gestalt ändert, in immer neuer Erscheinungsform in der Geschichte auftaucht.

Jetzt taucht der Krieg wieder mit einem neuen Phänotyp auf, der sich von dem der nuklearen Abschreckungslogik unterscheidet. Im Hybriden Krieg und einem nichtnuklear geführten Krieg der Jetztzeit gibt es wieder ein Dazwischen.

Im Kalten Krieg hat niemand wirklich darüber nachgedacht, was nach ihm passiert. Das hat sich geändert. Nicht jeder Krieg hinterlässt mehr eine nukleare Wüste.

Wir können wieder über ein Danach nachdenken. Wir müssen wieder über ein Dazwischen nachdenken. Wir sollten wieder über ein Abfedern nachdenken. Der neue Phänotyp des Krieges fordert heraus, über Maßnahmen zur Resilienz nachzudenken.

Der Begriff Resilienz stammt ursprünglich aus der Werkstoffphysik. Materialien, die nach Momenten der extremen Spannung wieder zurück in ihren Ursprungszustand finden, gelten als resilient. Ein Tennisball, der beim Aufprall auf dem Boden, eine Delle bekommt, nimmt danach wieder seine runde Form an. Er federt den Aufprall ab.

Wir müssen uns fragen: Wie können wir unser Land – unsere Unternehmen, unsere Verwaltung, unsere Zivilgesellschaft – ausrichten, dass es die Angriffe abfedert und immer wieder seine runde Ursprungsform annimmt? So wie ein Tennisball, der eine Delle bekommen hatte.

Unser Land bekommt derzeit viele Dellen: durch Cyberangriffe auf seine Unternehmen, durch Delegitimierungsattacken auf seine Verwaltungen, durch Desinformationskampagnen, die auf die Zivilgesellschaft zielen. Noch sind es nur klitzekleine Dellen.

Wir müssen trotzdem darüber nachdenken, wie wir diese Angriffe abfedern. Einer, der den Hybriden Krieg zu durchdringen versucht, ist Oberst Sönke Marahrens. Er war zu Gast bei Rico Kerstan im Podcast „KrisenHacks“, für den ich die Redaktion besorge. Eine Folge, die auf jeden Fall zum Nachdenken anregt: https://krisen-hacks.podigee.io/29-sind-hybride-kriege-nur-eine-zukunftsvision-mit-sonke-marahrens-28

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