Ist das Zwickauer Werbeverbot für die Bundeswehr ein Denkanstoß?

Ich gehe selten ins Kino. Letztes Wochenende war es wieder einmal soweit. Im Vorprogramm gab es einen Werbespot der Bundeswehr. Meine weibliche Begleitung flüsterte mir zu. „Wow! Da bekommt man ja richtig Lust, Soldatin zu werden.“

Hübsche Models in schickem Militär-Outfit. Supergeile Technik. Kraft. Entschlossenheit. Überlegenheit. Die Botschaft des Spots. Mein erster Gedanke: Wenn Artikel 26 des Grundgesetzes nicht den Angriffskrieg verboten hätte, könnte diese Kinobundeswehr sicherlich gleich bis Wladiwostok durchmarschieren. Ich hatte ein arg beklommenes Gefühl.

Nun weiß ich, dass Werbefritzen die Wahrheit manchmal verschönern, verdrehen oder schon einmal dreist lügen. Nun weiß ich auch, dass die Bundeswehr ein Personalproblem hat und man junge Leute ganz anders ansprechen muss als einen alten Mann wie mich.

Anderntags las ich, dass der Zwickauer Stadtrat ein Werbeverbot für die Bundeswehr auf städtischen Liegenschaften, Veranstaltungen und Verkehrsmitteln beschlossen hat. Die Ja-Stimmen kamen unter anderem aus Reihen des BSW und der AfD. Anlass war eine in Tarnfarben gestaltete Straßenbahn. In der Diskussion soll nach Medienberichten auch der Vorwurf der „Kriegsbesoffenheit“ gefallen sein.

Die wirf man mir auch öfters vor: Weil ich mich für eine starke Verteidigungsbundeswehr einsetze. Weil ich mir eine viel produzierende Rüstungsindustrie wünsche. Weil ich eine gut funktionierende Zivilverteidigung einfordere.

Ich höre natürlich auch Vorwürfe, weil ich mich für einen Vorsorgemindset bei unserer Bevölkerung engagiere. Und auch, weil ich bekenne, zur Ersten Generation zu gehören. Jener Generation, die nach einer langen Zeit des Friedens wieder einen Krieg wird führen müssen. Die Betonung liegt auf dem Müssen, denn wollen will die Erste Generation das nicht.

Natürlich halte ich das Zwickauer Werbeverbot für ein falsches Signal. Die Bundeswehr braucht Soldatinnen und Soldaten. Das Werbeverbot kommt einer Einladung an fremde Mächte gleich, bei uns einzumarschieren und den derzeitigen Hybriden Krieg, den wir schon führen, in einen heißen umzuwandeln.

Dennoch beschleicht mich eine leise Hoffnung, dass solche Aktionen auch dazu beitragen, eine rationale Diskussion über ein realistisches Bild des Zukunftskrieges zu führen. Und eine breite Diskussion darüber, welche Stellung die Bundeswehr in unserer Gesellschaft haben soll und wie sie sein muss, um unsere Lebensweise zu schützen. Möglicherweise sähe eine rational statt emotional angelegte Werbung auch anders aus.

Aber vielleicht ist der Ansatz der Werbefritzen ja doch der richtige. Eine auf der Ratio basierende Nachwuchsgewinnung würde die Personalsorgen der Bundeswehr eventuell noch drastisch verschärfen. So schwant es mir. Ich bin wirklich unschlüssig.

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